Von: Prof. Dr. Klaus Wehrt
Geht man der BGH-Rechtsprechung entsprechend den jüngsten Urteilen vom 9. Juli 2024 (BGH XI ZR 44/23 und BGH XI ZR 40/23) auf den Grund, so verbirgt sich hinter ihnen eine Riesenüberraschung. Dazu ist allerdings ein bisschen auszuholen (vgl. dazu auch: Wehrt ZIP 2024, 2746). Diese Rechenweise führt sodann im Regelfall mindestens zu einer Verdoppelung der Nachberechnungsansprüche.
Der BGH führt die Prinzipien, gemäß denen eine entsprechende Rückrechnung von Prämiensparverträgen durchzuführen ist, detailliert in seiner Rechtsprechung aus (BGH XI ZR 234/20 vom 06.10.2021). Zu beachten seien die typischen Vorstellungen der beiden Vertragspartner, also des Sparers und des Geldhauses. Prämiensparverträge stellen nach deren Überzeugung ein langfristiges Geldanlageinstrument dar, das sich ähnlich einem Bundeswertpapier über eine 8-15jährige Laufzeit zu verzinsen habe.
Der Sparzinssatz jedes einzelnen neu zu entrichtenden monatlichen Sparbeitrags habe sich somit im Gleichschritt mit der jeweils monatsaktuellen Rendite von 8-15jährigen Bundeswertpapieren zu verändern. Genau das verlangt selbstverständlich die zu wahrende Ähnlichkeit zwischen einer Geldanlage in Bundeswertpapieren und einer solchen in einen Prämiensparvertrag. Angenommen ein Sparer setzt über zwei volle Kalenderjahre hinweg jeweils am Monatsanfang ein und denselben Geldbetrag zum Erwerb von Bundeswertpapieren ein, so erzielt er, stellt man eine Gesamtbetrachtung an, z.B. im Monat Dezember des ersten Jahres eine Durchschnittsverzinsung aus den zwölf unterschiedlichen Renditen der bislang erworbenen zwölf Bundeswertpapiere. Im Monat Januar des Folgejahres wären sogar 13 Renditen für die Ermittlung der Durchschnittsrendite seines Portfolios heranzuziehen. Übertragen auf den Sparvertrag beschreibt der jeweils monatlich angepasste Sparzinssatz die Rendite des Gesamtportfolios. Dieser muss dann aber, um die Äquivalenz zu einer Anlage in Bundeswertpapieren zu gewährleisten, einen gleitenden Durchschnitt entsprechend der Anzahl der bisher eingezahlten Sparbeiträge entsprechen. Das wird bei den Rückrechnungen bislang übersehen, jedenfalls soweit sie sich stets auf den monatlich aktuellen Sparzinssatz, angewandt auf das gesamte Sparvolumen, beziehen. Tatsächlich wäre ein sog. "einschleichender Gleitzinssatz" auch unter Gültigkeit der jüngst ergangenen BGH-Rechtsprechung für die Rückrechnung anzuwenden. Mithin gilt: Die Zinsanpassung hat entsprechend den monatlich aktuellen Referenzzinssätzen zu erfolgen, die Rückrechnung erzwingt dagegen mathematisch eine Gleitzinsbetrachtung.
Prof. Dr. Klaus Wehrt
Prof. Dr. Klaus Wehrt ist parteiunabhängiger Sachverständiger und erstellt Privat- sowie Gerichtsgutachten zu Finanzierungsverläufen.
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